Im Frühjahr 1974 summt die ganze Welt einen zuckersüßen Ohrwurm, der ziemlich fröhlich klingt, obwohl er vom Sterben handelt: Seasons In The Sun vom Kanadier Terry Jacks (*29.3.1944 in Winnipeg, Manitoba).
Sein großes musikalisches Idol ist die Rock’n’Roll-Legende Buddy Holly, er kauft sich jede seiner Singles. Nach der Schule weiß er nicht so recht, was er eigentlich werden soll: Architekt oder Golf-Profi? Doch dann entscheidet er sich für die Musiker-Laufbahn. Bei einer Fernseh-Show lernt der Rhythmus-Gitarrist 1968 seine spätere Frau Susan Pesklevits kennen und gründet mit ihr zusammen das Quartett Poppy Family. Und dieser „Familie“ gelingt tatsächlich im Sommer 1970 ein Top-10-Erfolg mit „Which Way You Going, Billy“. Drei Jahre später lässt Terry Jacks sich von Susan scheiden und besiegelt damit auch das Ende der Poppy Family.
Als Produzent der Beach Boys schlägt Terry Jacks den Jungs einen Song des belgischen Chansonniers Jaques Brel aus dem Jahr 1961 vor: „Le Moribond (Der Sterbende)“. An diesem Song über einen jungen Mann, der im Sterben liegt, hatten sie schon mehrere Künstler vergeblich versucht. Der kalifornische Komponist Rod McKuen hatte dieses melancholische Chanson ins Englische übersetzt, doch weder das Kingston Trio (1963) noch die britische Band The Fortunes (1969) hatten mit Seasons In The Sun messbaren Erfolg.
Nun also sollen die Beach Boys ran, aber selbst ihnen ist der Text zu schmalzig. Sie brechen die Aufnahme mitten im Studio einfach ab. Trotzdem gibt Terry Jacks nicht auf.
Er ist davon überzeugt, dass der Song Hitpotenzial hat. Eigenmächtig ändert er die letzte Strophe: Im Originaltext verabschiedet sich der Sterbende von seinem besten Freund, dem Ortspfarrer, dem Liebhaber seiner Frau und schließlich auch noch von seiner untreuen Gattin. Das alles streicht Terry Jacks raus. Jetzt ist nur noch von einer Michelle die Rede, es bleibt offen, ob es sich dabei um die Frau oder die Freundin handelt. So wird aus einem eher düsteren Chanson eine zuckersüße Schnulze.
Und der Erfolg gibt ihm recht: Endlich wird Seasons In The Sun ein Hit – und das gleich auf der ganzen Welt: Bis heute hat sich der Song mehr als 14 Mio. Mal verkauft.
Angesichts dieses Welterfolgs kommt es zu einem Treffen zwischen Terry Jacks und Jacquel Brel. Der Belgier schlägt ihm als Nachfolge-Single noch eines seiner Chansons vor: „Ne Me Quitte Pas“ (1959). Terry macht daraus „If You Go Away“ und diese Single platziert sich auch noch in den Hitparaden, gerät aber trotzdem ziemlich schnell in Vergessenheit.
1981 produziert Terry Jacks noch den einzigen Hit der Gruppe Chilliwack (Kleinstadt in der Nähe von Vancouver): „My Girl (Gone, Gone, Gone)“. Danach zieht er sich auf eine Farm (ebenfalls bei Vancouver) zurück und heiratet seine Managerin Margaret Zittier. Terry kümmert sich sehr um die gemeinsame Tochter Holly Michelle und engagiert sich ebenso stark bei der Umweltschutz-Organisation „Environmental Watch“.
25 Jahre nach seinem Welthit erinnert sich die irische Byogroup Westlife wieder an Seasons In The Sun, nimmt eine Coverversion auf und landet damit erneut einen Nummer-eins-Hit. Darüber dürften sich in erster Linie die Erben von Jacques Brel gefreut haben.
Zum Anhören:
Seasons In The Sun
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